Freitag, 6. Dezember 2019 | 9 – 13.30 Uhr
9.00 Uhr
Begrüßung und Vorstellung des Verbundvorhabens
Technikkompetenzen – Stereotype durchbrechen
Ergänzungsstudium, Fachwechsel und Empowerment
Veronika Oechtering, Caroline von Totth, Universität Bremen
Prof. Dr. Ingrid Schirmer, Angela Schwabl, Universität Hamburg
> Link zu den Vortragsfolien
9.30 Uhr
Männliche Herrschaft und Heteronormativität in den Ingenieurwissenschaften: Zur Bedeutung von Fachkulturen für innovative Studienprogramme und Geschlechtergerechtigkeit
Dr. Inka Greusing, Technische Universität Berlin
> Externer Link zur Publikation “Wir haben ja jetzt auch ein paar Damen bei uns” – Symbolische Grenzziehungen und Heteronormativität in den Ingenieurwissenschaften.
10.30 Uhr
Pause
10.45 Uhr
Etablierte Konzepte zur fächerübergreifenden Lehre für Themen der Digitalisierung:
Die Vorteile heterogener Lerngruppen nutzen: Ein Seminarkonzept für Studierende nicht-informatischer Fächer
Dirk Neidt, Universität Kiel
> Externer Link zum Referenten sowie zum Fachergänzungs-Modul IT-Grundlagen der Philosophischen Fakultät der Universität Kiel
Digital Humanities
Susanne Kurz, Universität Köln
> Externer Link zur Referentin sowie zum IT-Zertifikat der Philosophischen Fakultät der Universität Köln
13.00 Uhr
Abschlussdiskussion: Herausforderungen der Data Literacy Education
Einladung und Programm als pdf-Datei
Ergebnisse der Abschlusstagung
Auf der Abschlusstagung des Verbundprojekts am 6. Dezember 2019 im Haus der Wissenschaft in Bremen wurden die Projektergebnisse des Verbundvorhabens „Transfer-Labor der Sommeruniversitäten Informatica Feminale und Ingenieurinnen–Sommeruni zur Gewinnung neuer Zielgruppen für technische Studienbereiche“ (kurz „Transfer-Labor Technikkompetenzen“) der Universität Bremen und der Universität Hamburg vorgestellt. Eingeladene Referent*innen vertieften Aspekte, die im Verlauf des Verbundprojekts zentrale Bedeutung hatten.
Eröffnet wurde die Tagung im Namen der Veranstalterinnen aus der Universität Bremen und der Universität Hamburg mit einer Vorstellung der Ziele und Ergebnisse des Verbundprojekts durch Veronika Oechtering. Im Zentrum standen einerseits die fachkulturellen und strukturellen Hürden der Technikwissenschaften beziehungsweise ihrer im deutschen Hochschulbereich etablierten institutionellen Grenzziehungen. Anderseits wurden Bedarfe innerhalb der Hochschulen aus studentischer Sicht in Verbindung gesetzt zu aktuellen gesellschaftlichen Themen wie Nachhaltigkeit und Digitalisierung, die wesentlich mit wissenschaftlich-technischen Fragestellungen debattiert werden. Mit dem Verbundprojekt wurden die in Deutschland geschlechterpolitisch und in der Geschlechterforschung seit langem bearbeiteten ungleichen Geschlechterverhältnisse in den Technikwissenschaften erstmals aus einer Innenansicht von Studentinnen nicht-technischer Fächer untersucht und zugleich für technische Studiengänge eine Beratungsstruktur entwickelt, wie die Aufnahme von Fachwechslerinnen und Studentinnen eines Ergänzungsstudiums konkret umgesetzt werden kann.
Die im Verlauf des Verbundprojekts immer wieder erlebten skeptischen Reaktionen der universitären Fachkollegien aus den technischen Bereichen auf das Vorhaben wurden anschließend im Vortrag von Inka Greusing, TU Berlin, differenziert auf die Geschlechterkultur im Feld der Ingenieurwissenschaften zurückgeführt. Sie stellte Ergebnisse ihres kürzlich abgeschlossenen Dissertationsprojekts vor, in dem sie die wechselseitig konstitutiven Beziehungen von Geschlecht, sozialer Praxis und Wissen untersuchte, die die technikwissenschaftlichen Fachkulturen weiterhin stabilisieren und permanent (re)produzieren. Das von Greusing als symbolische Grenzziehung dargestellte Schlüsselkonzept “Mathematikhürde” und die Nicht-Wahrnehmung des fachlichens Inputs von Frauen, sondern ihre Wahrnehmung allein als Geschlechtswesen, bestätigen die Erfahrungen des Verbundprojekts. Infolgedessen ergeben sich aus Sicht von Akteur*innen in den Technikwissenschaften keine Bedarfe für Veränderungen in Studienformen oder Lehr- und Lerninhalten.
Im folgenden Vortragsblock wurden beispielhaft zwei lang etablierte Praxiskonzepte zur Vermittlung digitaler Kompetenzen in nicht-technischen Fächern vorgestellt. Zunächst erläuterte Dirk Neidt das von ihm an der Universität Kiel mit entwickelte und bereits langjährig etablierte Fachergänzungs-Modul IT-Grundlagen der Philosophischen Fakultät. Darin sowie in den einzelnen enthaltenen Lehrveranstaltungen wird explizit der Ansatz verfolgt, die Vorteile heterogener Lerngruppen zu nutzen, um Lehr- und Lernziele zu Technikkompetenzen hinsichtlich des Grundlagen- und Anwendungswissens der Zielgruppen zu entwickeln. Ein deutlich stärker fachlich verankertes Studienkonzept zur Integration von Digitalisierung stellte Susanne Kurz von der Universität Köln anschließend vor. Der Studienbereich “Digital Humanities” bildet sowohl eine zentrale Basis in den Studiengängen Medieninformatik und Informationsverarbeitung; zugleich sind die Angebote Teil des IT-Zertifikats der Philosophischen Fakultät. Letzteres besteht aus vier stark praxisorientierten Modulen. In den Seminaren der Module können neben theoretischem Wissen besonders unmittelbar anwendbare Fertigkeiten erworben werden, wobei die Themen der heterogenen Studierendengruppen ebenfalls Ausgangspunkt für die Anwendungskontexte und die Projektbeispiele sind. In beiden Vorträgen wurde deutlich, dass die Entstehung und Weiterentwicklung der Konzepte für die Studienangebote zu Themen der Digitalisierung aus den nicht-technischen Fakultäten heraus erfolgten.
Da der im Anschluss geplante Vortrag zum DATA DRIVEN X – Projekt der Universität Lüneburg leider kurzfristig krankheitsbedingt ausfallen musste, konnte keines der drei seit Anfang 2019 geförderten Projekte aus dem Data Literacy Education Programm des Stifterverbands Wissenschaft (neben Lüneburg die Universität Göttingen sowie die Hochschule Mannheim) vorgestellt werden.
Kurzfristig stellte Ingrid Schirmer eine Initiative zur Integration von Digital Literacy Education der Universität Hamburg vor, die sowohl fächerübergreifende wie fachspezifische Lehrmodule umfasst. Gender- und Diversity Aspekte finden besondere Berücksichtigung. Digital Literacy Education ist als eigenständiges fachdidaktisches Feld für die Hochschulausbildung und Hochschuldidaktik bisher in Deutschland kaum ausgeprägt. Hier könnten innovative Schritte ansetzen.
Die Durchführung der Tagung war stark beeinträchtigt durch eine massive Grippewelle, weshalb mehrere Referent*innen und Teilnehmende kurzfristig absagen mussten. Rund 30 Expert*innen aus dem gesamten Bundesgebiet nahmen teil.