Die Arbeiten dieses Projektteils umfassten die pilothafte Entwicklung und Erprobung von Vermittlungsstrukturen für Studentinnen nicht-technischer Fächer sowie von Begleitmaßnahmen für Studienfachwechslerinnen. Hieraus wurden zugleich Grundlagen einer Beratungsstruktur für die aufnehmenden technischen Studiengänge abgeleitet.
Für die Zielgruppenfindung waren die Herkunftsstudiengänge ursprünglich beschränkt auf die Fächer Psychologie, Sprachwissenschaften und Jura – also Studiengänge, die an beiden Universitäten des Verbundprojekts angeboten werden. Da sich die Bremer Psychologie zur Projektlaufzeit in einer Umbruchphase befand, wurden die Zielgruppenfächer in Bremen um Soziologie erweitert. Im weiteren Verlauf des Verbundvorhabens wurde sehr schnell deutlich, dass auch aus anderen nicht-technischen Studiengängen (wie Public Health, Kulturwissenschaften) großes Interesse von Studentinnen an einer Teilnahme bestand und als Empfehlung für zukünftige Vorhaben die Integration weiterer nicht-technischer Studienfächer sehr sinnvoll erscheint. Zugleich wurde ebenfalls aus naturwissenschaftlichen Fächern mit hohen Frauenanteilen (hier vor allem der Biologie sowie medizinischer Felder) deutliches Interesse bekundet.
Basierend auf Ergebnissen der Hochschulforschung zu Fachwechsel bzw. Studienabbruch und zum Studieneinstieg in technische Fächer wurde im Jahr 2017 unter den Studentinnen aus der potentiellen Zielgruppe eine Bedarfserhebung dazu durchgeführt, inwiefern sich ein Interesse an einzelnen technischen Fachkompetenzen vom Wunsch nach weitergehenden Angeboten bis hin zum Studienfachwechsel oder Ergänzungsstudium unterscheidet.
Die Ergebnisse zeigten, dass in den Universitäten neben den bereits in den MINT-Fächer befindlichen Studentinnen ebenso Frauen aus nicht-technischen Studiengängen in ihren Studien- und Karriereperspektiven den digitalen Wandel einbeziehen und in aktiven Rollen zur Entwicklung beitragen wollen. Sie beklagten den fehlenden Zugang zu technischen Feldern und wünschten sich Grundlagen wie insbesondere auch an ihr Studienfach angepasste Angebote zu Technikkompetenzen. Teilweise beschreiben sie Ausgrenzungserfahrungen oder die Vereinzelung als Frauen in einem technischen Fach während vorhergehender Studienerfahrungen oder Teilnahmen an technischen Lehrveranstaltungen. Solche Selbstwahrnehmungen sind aus vielen Studien zur Situation von Frauen in technischen Studiengängen bekannt und verdeutlichen die weit über die technischen Fächer hinaus wirkenden Folgen der vorherrschenden Fachkultur.
In den Pilotmaßnahmen wurden die Perspektiven von Studentinnen aus nicht-technischen Fächern zum Ausgangspunkt genommen, um konkrete Beratungsangebote für ihre persönliche wie berufliche Orientierung zu konzipieren sowie Lehrveranstaltungen umzusetzen, die zur vertieften Beschäftigung mit Themen aus der Informatik und den Ingenieurwissenschaften führten und notwendige Grundlagen aus der Mathematik legten.
Zwei Kohorten mit Studentinnen nicht-technischen Fächern, die einen Fachwechsel in ein Studium der Ingenieurwissenschaften oder Informatik erwogen hatten, konnten innerhalb der Projektlaufzeit jeweils in 2018 und 2019 gebildet werden. Der Kohortenaufbau wurde im Vorhaben als „Pooling“ bezeichnet. Die Studentinnen durchliefen als Gruppe Maßnahmen, die sie auf ein technisches Studium vorbereiten sollten; im Anschluss sollten sie möglichst als Gruppe in ein ingenieurwissenschaftliches oder ein Informatikstudium eintreten.
Überblick der Angebote
Vorbereitung durch fachliche technikbezogene Themen:
– mehrtägiger Auffrischungskurs Mathematik mit spezifischen Elementen für Ingenieurwissenschaften oder Informatik,
– mehrtägiger Einführungskurs Informatik,
– mehrtägiger Einführungskurs ingenieurwissenschaftliche Grundlagen.
Vorbereitung Berufsfelderkundung:
– Begegnungen mit Fachfrauen, die über einen vergleichbaren Studien- oder/und Berufsweg berichten
Vorbereitung durch Orientierung in Studium und Beruf:
– mehrere je 2-tägige Workshops zur Reflexion der eigenen Studiensituation, zum Berufsübergang, zur Profilschärfung für eigene Lebenswege, und zum beruflichen Netzwerken.
Alle Veranstaltungen fanden vor Ort in Bremen und Hamburg statt und waren für Studentinnen nach einer verbindlichen, kursbezogenen Anmeldung zugänglich, wobei die Terminplanungen weitestgehend mit den Teilnehmerinnen der jeweiligen Kohorte abgestimmt werden konnten. Die Orientierungs- und Auffrischungsmaßnahmen wurden im Rahmen von Blockveranstaltungen während der Sommersemester 2018 und 2019 angeboten. Zusätzlich wurden spezielle Kurse bei den Sommeruniversitäten Informatica Feminale und Ingenieurinnen-Sommeruni in der Universität Bremen empfohlen und dort für Teilnehmerinnen des Verbundprojekts kostenlose Plätze frei gehalten, die intensiv angenommen wurden. Das Angebot wurde auf dieser Projekt-Website veröffentlicht:
Programm im Sommersemester 2018 sowie
Programm im Sommersemester 2019.
Das Gesamtpaket und die Strukturierung haben sich in inhaltlicher sowie organisatorischer Hinsicht als erfolgreich erwiesen. Aus den Erfahrungen und Ergebnissen der Pilotmaßnahmen konnten zahlreiche relevante Aspekte für die Konzeption einer Beratungsstruktur für technische Studiengänge gewonnen werden.